Weltverantwortung aus
trappistischer Sicht gestern und heute
Gott hat die Welt so
sehr geliebt, dass Er Seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an Ihn
glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat (Jo 3,16).
Wenn die Welt in den Augen Gottes so kostbar ist, muss sie es auch in
den Augen aller Gotteskinder sein. Alle müssen sich für sie verantwortlich
fühlen. Die Kirche, die Gemeinschaft jener, die die Botschaft des
menschgewordenen Wortes empfangen haben, existiert inmitten der Welt und für
die Welt. Ihre Aufgabe ist es, in ihrer Mitte ein sichtbares Zeichen für das
Heil, das allen angeboten ist, zu sein.
Der
christliche Mönch ist ein Sohn der Kirche und nimmt deshalb an ihrer Sendung
teil. Wenn er in einem gewissen Sinn die Welt und ihre oberflächlichen
Besorgnisse verlässt, so darum, um sie in seiner Beziehung zu Gott
wiederzufinden. Er muss deshalb in seinem monastischen Leben, auf ursprüngliche und ihm eigene Weise, die
Verantwortung der Kirche für die Welt, für die der Sohn Gottes sein Leben
hingegeben hat, verkörpern.
Eine
der Weisen, in der die Gemeinschaft der Gläubigen diese Verantwortung für die
Welt ausüben kann, besteht darin, die verschiedenen Kulturen und deren Elemente
immer wieder in Kontakt mit der Botschaft des Evangeliums zu bringen. Es
handelt sich um den Prozess, der so alt wie das Christentum ist, den man heute
„Einkulturierung“ nennt. Das christliche Mönchtum stammt aus einer solchen
Begegnung zwischen der Botschaft des Evangeliums betreffs des vollkommenen Lebens
und der großen asketischen und geistlichen Tradition, die allen Kulturen des
Altertums eigen waren, sobald sie ein gewisses Stadium der Vergeistigung
erreicht hatten. Deswegen kann man sagen, dass das Mönchtum eine der ersten und
gelungensten Formen der Einkulturierung ist.
Außerdem
merkt man aus diesem Grund, wenn man die Geschichte des Mönchtums im ganzen
studiert, dass jedes Mal, wenn eine neue Form des monastischen Lebens
aufgekommen ist, oder jedes Mal, wenn eine bedeutende Reform im Mönchtum
vorgenommen worden ist, es war wenn die Mönche und Monialen besonders bewusst
und aufmerksam der Kultur ihrer Zeit gegenüberstanden und neuen Situation neue
Antworten gaben, die nicht nur für sie gültig waren, sondern für die ganze
Kirche und die ganze Gesellschaft.
Dies
galt für Cîteaux im 12. Jahrhundert. Wenn die Reform von Cîteaux ein solcher
Erfolg war, so dies, weil sie eine Antwort auf ein Suchen war und somit auf
Bedürfnisse nicht nur der Kirche, sondern auch der ganzen Gesellschaft dieser
Epoche. Das Cîteaux der ersten Generation war die Antwort auf eine große
geistliche Bewegung, die ihrerseits aus der gregorianischen Reform
hervorgewachsen war und die sich auszeichnete durch das Sehnen nach einer
Rückkehr zum Ideal der Urkirche, das aus Einfachheit, Armut, Gemeinschaft und
affektiver Frömmigkeit bestand. Das Cîteaux der zweiten Generation bog die
Reform in einem etwas verschiedenen Sinn ab und zählte sich zu einer Bewegung
der Veränderung der Gesellschaft, die das neue Zeitalter des Feudalismus
kennzeichnete. So spielten die zisterziensischen Klöster eine hervorragende
Rolle im Aufbau des heutigen Europa.
Aber
kommen wir zum Gegenstand meiner Konferenz. Etwas Gleichartiges geschah mit der
Strengen Observanz, die ein der La Trappe vorausgehendes Phänomen war und viel
weitausgreifender als die trappistische Reform, die sich aber später mit dem
Namen « Trappisten » identifiziert hat. Die Reform der La Trappe, mit dem Abt de Rancé, hatte sicher ihre
Begrenztheit und war in gewissen Punkten von den Besorgnissen der ersten
Zisterzienser ziemlich entfernt. Wenn ihr Erfolg – auch nur betreffs der Zahl –
beeindruckend war, so dies, weil ihre Orientierung dem geistlichen Streben der
Epoche entsprach, wenigstens in Frankreich und in den unter französischem
Einfluss stehenden Ländern.
Wir
alle wissen, wie diese Reform die französische Revolution überlebt hat und in
zahlreichen Gründungen nach ihr wieder aufgeblüht ist, dank dem Mut und dem
Abenteuergeist des Dom Augustin de Lestrange und der Mönche und Monialen, die
ihm in die Schweiz, nach Russland, nach Amerika und in mehrere andere Länder
Europas gefolgt waren. Während ihrer
Wanderungen war diese Schar von Mönchen und Monialen so tief wie man sich nur
vorstellen kann an die Schwierigkeiten und Besorgnissen der Menschen ihrer Zeit
gebunden. Fast alle heutigen sogenannten « Trappistenklöster » sind
direkt oder indirekt aus dieser Odyssee hervorgegangen.
Dies
hat den Trappisten eine Abenteuerlust eingegeben, die immer kennzeichnender
geworden ist. Die Gründungen, die während dieser großen Odyssee so ungefähr
überall in der Welt gemacht wurden, sowie auch die Wiederherstellung der
Klöster in Frankreich und in den von der Französischen Revolution berührten
Ländern, sind fast immer in außerordentlich unsicheren Situationen vorgenommen
worden, durch die die Mönche und Monialen in Kontakt und in Gemeinschaft mit
dem einfachen Volk kamen, dessen arbeitsame und arme Existenz sie teilten.
Gewiss
sind diese unsicheren Situationen, und mehr noch als die Stellungnahmen von De
Rancé in seinen Diskussionen mit Martène über die Studien im monastischen
Leben, verantwortlich für die Tatsache, dass die Trappisten während langer Zeit
den wissenschaftlichen Studien im monastischen Leben nicht viel Bedeutung
zuschrieben.
Die
Gründungen des 19. Jahrhunderts in den verschiedenen Kongregationen der
Strengen Observanz, besonders in der von Sept-Fons, waren manchmal bis zum
äußersten von jener Abenteuerlust gekennzeichnet, die gelegentlich dazu führte,
eine Gründung zu schließen um eine andere vornehmen zu können. Sehr früh ist
man sich der Bedeutung von Gründungen außerhalb Europas bewusst, wie in
Nordafrika und in Palästina und selbst weit weg von Europa, in China und in
Japan. Man wollte mit der Einpflanzung des kontemplativen Lebens zur
Entwicklung der örtlichen Kirchen und gleichzeitig zur materiellen Entwicklung
dieser Regionen beitragen. Diese
Einbeziehung in die materielle Entwicklung, vor allem landwirtschaftlicher
Natur, war der besondere Fall der Gründung von Staouëli in Nordafrika.
Als
sich im Jahre 1892 drei Kongregationen der Strengen Observanz zusammenschlossen
und eine neue Vereinigung von Klöstern bildeten, die den Namen « Orden der
Reformierten Zisterzienser oder der Trappe » annahm (dieser Name wurde
später abgeändert in « Zisterzienserorden der Strengen Observanz »,
welcher der offizielle Name des Ordens in unseren neuen Konstitutionen ist),
bekam diese neue juristische Person schnell eine deutlichere Identität, eine
bessere Unterscheidung in der Art und Weise, Gründungen zu machen und die
Fähigkeit, sich gemeinsam neuen Situation zu stellen.
Ich
bin mir bewusst, dass man diese Geschehnisse von 1892 auf verschiedene Weise
erklären kann, aber dies ist ohne Bedeutung für unser heutiges Thema. Tatsache
ist, dass der Heilige Stuhl in gewissen Dokumenten damit begann, den schönen
Ausdruck „familia cisterciensis“ zu gebrauchen, um die Klöster zu kennzeichnen,
die nach der zisterziensischen Spiritualität lebten. Dieser Ausdruck wird in
unserer Zeit von neuem gebraucht.
Innerhalb dieser großen Familie gab es eine Gruppierung, offiziell
« Zisterzienserorden der Strengen Observanz » genannt und allgemeiner
« Trappisten », in der die Unterteilung in Kongregationen in
juristischer Hinsicht nicht mehr bestand. Diese gab sich sehr bald
Konstitutionen, die ihr eine klare Identität und eine große Kohäsion verliehen
und ihr erlaubte, auf die großen Herausforderungen, die bald der Welt und der
Kirche gestellt werden sollten, verantwortungsbewusste Antworten zu geben.
Der
Orden hatte die Chance, nach dem, was man mit Recht « den
Observanzenkrieg » genannt hat, einige große geistliche Männer zu haben,
die gleichzeitig praktisch veranlagt waren und die erfassten, dass die Aufgabe
der Trappistenklöster vor allem darin bestand, innerhalb der örtlichen Kirchen
und der Gesellschaft ein kontemplatives Gemeinschaftsleben zu erhalten oder
einzuführen. Es ist zur Genüge bekannt, in welcher Weise Dom Chautard,
gelegentlich der Gesetze der Ausweisung in Frankreich am Anfang des 20. Jahrhunderts,
vor Clémenceau die Erhaltung der Trappistenklöster verteidigte, indem er sich,
vor diesem Ungläubigen, nicht auf die soziale, karitative oder
landwirtschaftliche Aktivität der Mönche berief, sondern auf ihre Berufung als
Männer des Gebets.
Die
ersten Gründungen in den damals sogenannten « Missionsländern »
zwangen den Orden, sich bezüglich dieser Grundform von Gegenwart in der Welt,
welche dem entsprach, was er als seine Berufung erachtete, zu placieren.
Marianhill, gegründet in Südafrika von Mariastern ungefähr 10 Jahre vor dem
Kapitel der Vereinigung im Jahre 1892, hatte sich, um den örtlichen
Bedürfnissen zu entsprechen, schnell in eine Gemeinschaft mit einer sehr
umfangreichen missionarischen Tätigkeit umgewandelt. Das Generalkapitel wurde
vor diese Tatsache gestellt, und nach einigen außerordentlichen regulären
Visitationen urteilte man, dass diese Aktivität, so bewundernswert sie auch
war, nicht der eigentlichen Berufung des Ordens entsprach, und Marianhill
verfolgte die ihm eigene Berufung und wurde zu einer autonomen missionarischen
Kongregation, die sich in der Folge wunderbar entwickelt hat.
Eine ähnliche Situation
entwickelte sich einige Jahre später im Kongo. Eine Gründung von Westmalle in
Bamania im Jahre 1894 übernahm eine intensive missionarische Tätigkeit, als
Antwort auf örtliche Bedürfnisse. Nach
verschiedenen regulären Visitationen wurde das Kloster geschlossen ; die
Priestermönche, außer dem Obern, wechselten zur Gemeinschaft der „Missionaires
du Sacré Cœur“ (Missionare des Heiligsten Herzens“) über und der Obere mit den
Konversbrüdern kehrte nach Westmalle zurück.
Man
kann sich fragen, ob man wohl heute in diesen beiden Situationen zu den
gleichen Entscheidungen gelangen würde ; aber diese Fälle zeigen zur
Genüge, dass der Trappistenorden von 1892 an eine gleichförmige und sehr klare
Vision seiner ihm eigenen Berufung hatte, innerhalb der großen
zisterziensischen Familie wie auch innerhalb der Kirche.
Diese
Identität konsolidierte sich zwischen die beiden Weltkriege, insbesondere unter
dem Einfluss von Dom Anselme Le Bail, Abt von Scourmont, der eine ganz
vordergründige Rolle spielte in der « Wiederentdeckung » der
zisterziensischen Väter und der als Erster, im Zisterzienserorden der Strengen
Observanz, die Bedeutung einer soliden wissenschaftlichen Ausbildung erfasste,
besonders auf biblischem und historischem Gebiet im Dienste der geistlichen
Ausbildung und des monastischen Lebens.
Die geistliche und die seiner
Berufung gemäße Identität des Ordens befestigte sich in der Zeit zwischen den
beiden Weltkriegen, und als am Anfang der fünfziger Jahre Papst Pius XII die
kontemplativen Kommunitäten einlud, in den jungen Kirchen (die man damals die
Dritte Welt nannte) Gebetsstätten zu gründen, antwortete unser Orden nicht nur
mit Begeisterung, sondern auch mit jenem Abenteuergeist, der ihn seit der
Französischen Revolution ausgezeichnet hatte.
Von den 171 Häusern der Mönche und Monialen, die augenblicklich den
Zisterzienserorden der Strengen Observanz bilden, ist mehr als die Hälfte (91)
nach dem lezten Weltkrieg gegründet worden und die meisten außerhalb
Europas. Es gab zuerst eine erste Serie
von Gründungen in Afrika, darauf eine in Lateinamerika und später in Asien und
Ozeanien. Ohne dass sie eigentliche apostolische oder soziale Aufgaben
übernahmen, wurden diese Klöster im allgemeinen dazu geführt, zu den örtlichen
Bemühungen um die Einkulturierung beizutragen und oft dazu, auf materielle
Bedürfnisse der sie umgebenden Bevölkerungen zu antworten. Gewisse Klöster in
Angola, in Bosnien, in Algerien und im Kongo (ex-Zaïre) mussten lange Zeit mit
der nahen Bevölkerung Kriegssituationen und große Armut teilen. Aufs Fortgehen zu verzichten, während sie
diese Möglichkeit hatten aber die örtliche Bevölkerung nicht, war oft die bedeutendste
Form, in der sie ihre Verantwortung gegenüber diesen Bevölkerungen ausgeübt
haben. In gewissen Fällen führte dies
bis zur manchmal wiederholten Zerstörung des Klosters, und in einem Fall, dem
von Tibhirine, bis zur Beseitigung der Mönche, die so das Los von ungefähr
zweihunderttausend Algerier teilten, Opfer des gleichen Konflikts und des
gleichen Hasses.
In
den auf den zweiten Weltkrieg folgenden Jahren, schon vor der Serie der
erwähnten Gründungen, haben die Klöster der Vereinigten Staaten einen ziemlich
außerordentlichen Zustrom von Berufungen gekannt, die zu zahlreichen Gründungen
in den Vereinigten Staaten selbst und zu einigen in Lateinamerika geführt
haben. Ein Name verdient
selbstverständlich Erwähnung, der von Thomas Merton. Mehr noch als von seinem
Einfluss auf den Orden muss man von jenem Einfluss sprechen, den er ausgeübt
hat (und den, in einem gewissen Sinn, der Orden durch ihn ausgeübt hat) auf die
Gesellschaft im allgemeinen, nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch
anderswo in der Welt.
Merton
ist im Erwachsenenalter ins Kloster eingetreten, nach einem gewissen Engagement
in der Welt der Literatur und in der politischen Reflexion. Er widmete sich
eingehend dem Studium der Tradition des Mönchtums und der ganzen großen
christlichen Spiritualität. Er befand sich in dieser Phase, als er seine
Autobiographie und seine ersten Bücher schrieb, die eine solide aber
traditionsgebundene Spiritualität erkennen lassen. Verschiedene Umstände
brachten ihn in Kontakt mit seinen früheren Freunden und erlaubten ihm, neue
Freundschaften in der Welt der Literatur und der Kunst zu schließen. Zur Zeit
von Martin Luther King wurde er sehr empfindsam für das Los der Schwarzen und
der Weiterführung des Krieges in Viet Nam.
Für ihn war dies eine Frage der Verantwortung vor der Welt genauso wie
vor dem Evangelium, zu diesen Fragen, die der amerikanischen Seele keine Ruhe
ließen, Stellung zu nehmen. Er war ohne
Zweifel versucht und von vielen Freunden dazu eingeladen, das monastische Leben
zu verlassen und sich energisch in diese hochbedeutsamen Kämpfe
einzubeziehen. Er merkte aber dennoch,
dass seine ihm eigene Berufung darin bestand, sich mit diesen Fragen zu
beschäftigen und zur Entwicklung eines kollektiven Verantwortungsbewusstseins
durch seine Stellungnahme gerade als Mönch beizutragen.
Seine
persönliche Größe bestand darin, niemals Sklave seines eigenen Bildes, das er
selbst oder andere entwickelt hatten, zu sein.
Mit fröhlichem Herzen zerstörte er diese Bilder als ebenso viele Götterbilder,
um auf neue Weise Gott zu suchen und den Bedürfnissen seiner Zeitgenossen nahe
zu sein. Er gehörte zur Generation
derjenigen, die, im Gefolge einiger Propheten, die ihr vorausgegangen waren,
die große Bedeutung des interreligiösen Dialogs für unsere Epoche verstanden,
begleitet oder selbst eingeleitet von einem vorhergehenden interkulturellen
Dialog. In diesem Kontext entwickelte er sein Interesse für die großen
religiösen nichtchristlichen Traditionen. Er starb außerdem durch einen
Unglücksfall während eines dem Mönchtum gewidmeten pan-asiatischen Kongresses
in Bangkok.
Dies
führt mich dazu, von der Gegenwart der Trappisten in der AIM zu sprechen. Dies
ist ein Organismus, der vor mehr als 40 Jahren durch die Benediktinische
Konföderation gegründet worden ist unter Mitarbeit der beiden großen
Zisterzienserorden mit dem Ziel, die Klöster der jungen Kirchen vor allem auf
dem Gebiet der Ausbildung zu unterstützen.
Unter vielen anderen Aktivitäten organisierte die AIM die großen dem
Mönchtum gewidmeten pan-asiatischen Kongresse in Bangkok (1968), in Bangalore
(1974) und in Kandy (1977). Diese Kongresse, wo sich die verschiedenen Formen
christlichen und nichtchristlichen Mönchtums begegneten, veranlassten den
Heiligen Stuhl, die Mönchorden zu bitten, im interreligiösen Dialog eine
leitende Stellung einzunehmen. Die Gegenwart von Trappistenklöstern in mehreren
Ländern der Dritten Welt einesteils, und die starke Koordination der Bemühungen
der autonomen Klöster innerhalb der Generalkapitel andernteils haben bewirkt,
dass mehrere Trappistenklöster seit vielen Jahren eine sehr aktive Rolle im
interkulturellen wie auch im interreligiösen Dialog übernommen haben. Zu
einer Zeit, wo so viele Kräfte versuchen, Spannungen unter den Völkern und den
Kulturen zu schaffen oder zu verschärfen, ist dieser Dialog eine immer größere
Verantwortung gegenüber der Menschheit.
Einer
der Mönche, der an den erwähnten großen, dem Mönchtum gewidmeten Kongressen,
die von der AIM in Asien organisiert worden waren, teilgenommen hat, ist Pater
Francis Mahieu-Acharya, Gründer von Kurisumala, in Kerala, der kürzlich in
hohem Alter gestorben ist. Er verdient,
hier genannt zu werden als einer der Pioniere des christlichen Mönchtums in
Indien. Sein Kloster Kurisumala ist sicherlich das beste Beispiel einer
Einkulturierung des christlichen Mönchtums in Indien. Dieses Kloster übernimmt
alle Reichtümer der großen seit vielen Jahrhunderten in Kerala einkulturierten
syrischen Tradition und viele Elemente der monastischen spezifisch hinduistischen Tradition. Neben dieser Einkulturierung der
liturgischen und monastischen Traditionen spielt der Beitrag zur Entwicklung
der Gegend eine bedeutende Rolle, durch den die örtlichen Bewohner zur
Autonomie geführt worden sind und dazu, sich gegenseitig in Kooperativen zu
helfen, in der reinen Linie der Idee von Gandhi. Ungefähr 5.000 Personen nahmen
an seiner Beerdigung teil, und mehr als 20.000 (zum Grossteil Nichtchristen)
besuchten sein Grab während der ersten 40 Tage nach seiner Beisetzung. Dies zeigt,
bis zu welchem Grad er sich in der örtlichen Kultur eingewurzelt hatte, unter
dem Beitrag des ganzen Reichtums des christlichen Mönchtums.
Ich
habe weiter oben von Dom Anselme Le Bail gesprochen, ein berühmter Abt von
Scourmont, und ich erwähnte soeben den Pater Francis Acharya, der vor seiner
Abreise nach Indien auch ein Mönch von Scourmont war. Falls Sie mir erlauben,
etwas chauvinistisch zu sein, werde ich jetzt etwas sagen über die Rolle, die
Scourmont in der regionalen Entwicklung spielt, denn dieses Experiment (das ich
nicht auf mein Guthaben setze, denn dieses ist vor meinem Kommen nach Scourmont
verwirklicht worden) könnte eventuell mehreren unserer Kommunitäten, die sich
in ähnlichen Situationen befinden, als Modell dienen. In der Tat haben viele
unserer europäischen Klöster eine sehr lastende materielle Infrastruktur, die
einer Epoche entspricht, wo es mehr Mönche gab, und es ist nicht immer leicht,
zu wissen, wie sich von diesen Strukturen befreien und andere leichtere
annehmen.
Scourmont wurde 1852 gegründet. Zum Beginn,
um leben zu können, widmete die Kommunität, wie viele andere Klöster, alle ihre
Energien der Entwicklung armer und unfruchtbarer Ländereien. Daraufhin gab es, zwischen den beiden
Weltkriegen, den großen geistlichen und wissenschaftlichen Aufschwung unter Dom
Anselme Le Bail. Nach dem zweiten
Weltkrieg war Scourmont, wie die ganze Region, sehr arm. Die Kommunität öffnete
einige Betriebe, die einen großen Erfolg hatten und der Region viel Arbeit
gaben. Die Mönche ermunterten die Laien zu ähnlichen Initiativen. Sie halfen
ihnen, verschiedene Kooperativen zu schaffen. Sie nahmen an der ersten
Entwicklung von verschiedenen Sanitätsdiensten, Werkstätten für behinderte
Kinder, Schulen usw. teil, während sich sonst niemand um diese Bedürfnisse
annahm. In dem Masse, in dem diese verschiedenen Unternehmen autonom wurden und
die Gegenwart von Mönchen im Verwaltungsrat nicht mehr notwendig war, zogen
diese sich zurück. Die verschiedenen Industrien, die sie aufgestellt hatten,
waren zu einer Art kleinem wirtschaftlichem Reich geworden. Sie haben sich
davon zurückgezogen, nicht indem sie dieselben an große Multinationale verkauft
haben, sondern sie haben daraus ebenso viele unabhängige, in Beziehung zur
Abtei ganz autonome Gesellschaften gemacht. Sie haben damals eine Stiftung
gemacht, die nicht nur die Verwaltung dieser Unternehmen koordiniert in dem
Geiste, in dem die Abtei sie verwaltete, als sie deren Eigentümer war, sondern
dieselbe investiert die Einkommen in die allgemeine Entwicklung (kultureller,
sozialer, wirtschaftlicher Natur) der Region und trägt bei zu einer anderen
Stiftung, « Solidarité cistercienne » (zisterziensische Solidarität)
genannt, die den Armen und den Bedürfnissen der Kirche in der Region und in der
Dritten Welt entgegenkommt. Ich glaube, dass Scourmont so ein gutes
Gleichgewicht gefunden hat zwischen dem Rücktritt der Kommunität von der
wirtschaftlichen Verwaltung von Unternehmen und der Erhaltung eines wirklichen
Einflusses im Verwaltungsrat einer Stiftung, die zum Ziel die globale
Entwicklung der Region und die Unterstützung der Bedürftigsten in Belgien und
in der Dritten Welt hat.
Die
Kirche und die Gesellschaft von heute stehen jedenfalls vor Herausforderungen,
die verschieden sind von denen, die ich gerade erwähnt habe. Eine dieser
Herausforderungen ist die notwendige Änderung der Mentalitäten und der
Gebräuche, die der Frau den ihr zustehenden Platz gibt in der Gesellschaft im
allgemeinen wie in der Kirche. Da unser Orden aus Klöstern von Monialen und Klöstern
von Mönchen besteht, hatten wir uns, wie alle anderen monastischen Orden und
andere gemischte religiöse Kongregationen, dieser Herausforderung zu stellen.
Die
Monialen spielen in unserem Orden, wie in allen anderen Zweigen der
zisterziensischen Familie, eine immer größere Rolle. Ich weiß, dass diese
Entwicklung parallel und verschiedentlich einhergegangen ist mit derjenigen in
den verschiedenen Orden, deswegen werde ich Ihnen einfach sagen, wie wir
dieselbe gelebt haben. Unser Orden besteht nicht aus Kongregationen. Man kann
sagen, dass er in gewissem Sinn wie eine einzige große congregatio monastica
ist. Dies lässt leicht den Gedanken
aufkommen, dass wir „zentralisiert“ sind – eine Bemerkung, die wir oft von
unseren benediktinischen Freunden zu hören bekommen : « Ihr seid
zentralisiert », sagen sie. In Wirklichkeit haben wir immer eifersüchtig
über die Autonomie der Klöster in unserem Orden gewacht. Es ist wahr, dass
unser Generalkapitel viel mehr Vollmachten und Verantwortungen hat als das
Generalkapitel des Ordo cisterciensis, zum Beispiel, oder der Congresso
der Benediktiner. Ich glaube jedoch, dass es weniger hat als die
Generalkapitel der meisten benediktinischen oder zisterziensischen
Kongregationen. Auf jeden Fall, die Tatsache, eine einzige congregatio
monastica zu sein mit etwas weniger als 2000 Monialen und etwas weniger als
3000 Mönchen in 171 Klöstern über die Welt verteilt, hat seit dem zweiten
Vatikanischen Konzil zu einer gemeinsamen sehr reichen Überlegung geführt
betreffs der Situationen, die der Orden so ungefähr überall auf der Welt lebt.
Wir haben während 25 Jahren langsam an unseren Konstitutionen gearbeitet, bevor
wir sie der Genehmigung des Heiligen Stuhls vorgelegt haben, und die Monialen
haben bei dieser Überlegung eine hervorragende Rolle gespielt.
In
der Vergangenheit waren die Monialen in allem und überall den Entscheidungen
des Generalkapitels, das nur aus Männern bestand, unterworfen. Dies war
tatsächlich der Fall seit dem Beginn des Ordens, der die Klöster der Monialen
nur mit wirklichem Zögern angenommen hat. Man dachte, dass die Monialen im
Generalkapitel durch ihren Vater Immediat repräsentiert waren, der die
Visitationscharta vorließ, die er der Kommunität gelassen hatte. Schon gegen 1955 zu, lange vor dem Konzil,
erschien diese Situation als anormal und man begann, Versammlungen der
Äbtissinnen zu haben – die erste im Jahre 1958 – um über die den Monialen
eigenen Aspekte des zisterziensischen Lebens nachzudenken. Nach dem Konzil, von
einem gewissen Moment an, galten diese Versammlungen als wahre Generalkapitel
des weiblichen Zweiges.
Als
wir damit begonnen haben, langsam, von einem Kapitel zum anderen, unsere ganze
Gesetzgebung zu überprüfen zwecks neuer Konstitutionen, wurden alle Klöster
aller Regionen des Ordens eingeladen, sich an dieser Überlegung zu beteiligen.
Dies bedeutete ein gewaltiges geistiges Erwachen des ganzen Ordens, sodass man sagen kann, dass unsere
Konstitutionen wirklich das ausdrücken, was im Moment, wo über sie abgestimmt
worden ist, im Jahre 1987, die Mönche und Monialen unseres Ordens als den Sinn
ihrer Berufung und die angepasste Art und Weise, sie heute zu leben, sahen
Ein
Aspekt dieser neuen Gesetzgebung war die Beziehung zwischen dem weiblichen
Zweig und dem männlichen Zweig des Ordens. Man äußerte die Idee, zwei
juristisch unterschiedliche Orden zu haben, der eine von Monialen, der andere
von Mönchen, die voneinander juristisch ganz unabhängig wären, aber in voller
Gemeinschaft arbeiten würden und so die Komplementarität der Geschlechter
verwirklichen würden, wobei jedes seine volle Entwicklungsfreiheit haben würde.
Diese Idee war jedoch niemals populär.
Viele hätten gerne einen einzigen Orden gehabt, mit einem einzigen
Generalkapitel, mit einem einzigen Generalobern (der ein Abt oder eine Äbtissin
hätte sein können). Aber wir haben uns an kanonischen Problemen der kirchlichen
Jurisdiktion gestoßen. Schließlich sind wir zur folgenden Lösung gelangt: ein
einziger Orden, bestehend aus Klöstern der Monialen und der Mönche, mit zwei verschiedenen
aber voneinander abhängigen Generalkapiteln, die sich gleichzeitig versammeln
können. Konkret sind seitdem alle unsere Generalkapitel sogenannte Gemischte
Generalversammlungen gewesen, die in der Wirklichkeit wie Gemischte
Generalkapitel funktionieren. Es
scheint jetzt, dass das, was damals nicht möglich gewesen war, es geworden ist,
und wir werden im nächsten Generalkapitel die Möglichkeit überprüfen, ein
einziges gemischtes Generalkapitel zu haben und die gleichen Konstitutionen
(zur Zeit haben wir Konstitutionen für die Mönche und Konstitutionen für die
Monialen, die in der Tat identisch sind, außer in einigen Punkten wie zum
Beispiel die Klausur, aus Gründen, die unserer Wahl fremd sind). Es scheint mir, dass in dieser ganzen
Entwicklung diese gemeinsame Arbeit der Monialen und der Mönche ein bedeutender
Beitrag war zur Entwicklung eines gesunden Feminismus.
Abschließend
möchte ich Ihnen einige Worte sagen über das Experiment einiger Klöster im
besonderen. Ich erwähne an erster Stelle dasjenige einiger afrikanischen
Klöster, die während der Kolonialzeit gegründet worden sind, also vor der
Unabhängigkeit, nach dem europäischen Modell, mit einer drückenden
wirtschaftlichen Infrastruktur. Diese Infrastruktur, der europäischen Art zu
denken und zu handeln angepasst, ist viel weniger auf die Seele und den
afrikanischen Geist, die anderen Forderungen antworten, abgestimmt. Außerdem
hat die oft bedeutende Unterstützung, die man der nahen Bevölkerung
gewährte, zum Beispiel in Form von
Polikliniken oder Schulen, diese Bevölkerung in Abhängigkeit gebracht. Der Übergang zu einem anderen Modell von
Beziehungen ist oft nicht leicht, selbst wenn der Krieg die Kommunität fast von
allen ihren Möglichkeiten, auf die gleiche Weise zu helfen, wie vorher, entblößt hat. In anderen Ländern, wie zum
Beispiel in Angola, haben lange Kriegsjahre die Kommunität dazu geführt, von
Tag zu Tag in voller Gemeinschaft mit der Bevölkerung zu leben in der gleichen
Situation von Armut und Gefahr. In diesem Fall war die einfache Tatsache, zu
bleiben, die hauptsächlichste Form der Solidarität und der Verantwortung
gegenüber der örtlichen Bevölkerung. Ich könnte auch die Situation von Marija
Zvijezda in Bosnien erwähnen (früher Mariastern geheißen), das von mehreren
aufeinanderfolgenden Kriegen verwüstet worden war, ohne von einer langen Zeit
unter kommunistischem Regime zu sprechen.
Die Bedingungen, ein normales monastisches Leben zu führen, existieren
praktisch nicht. Und dennoch, auch hier wäre es unverantwortlich gegenüber der
örtlichen Bevölkerung und der Kirche, wegzugehen. Folglich ist Bleiben eine
verantwortliche Haltung.
Schließlich
möchte ich abschließend eine Kommunität unseres Ordens erwähnen, die meiner
Meinung nach das schönste Beispiel für den hohen und gleichzeitig friedvollen
Sinn der Verantwortung ist. Sie haben erraten, dass ich von der Kommunität von
Tibhirine sprechen will. Über diese
Mönche ist schon soviel geschrieben worden, dass es nicht notwendig ist, sehr
weitschweifig zu sein. Lassen Sie mich einfach einige Worte sagen wie sie, nach
meiner Meinung, ihre Verantwortung vor der Gesellschaft und der Kirche ausgeübt
haben.
Die
Kommunität Unserer Lieben Frau vom Atlas ist als ein einfacher Zufluchtsort
gegründet worden mit einigen Mönchen des Klosters Unserer Lieben Frau de la
Délivrance in Slowenien, im Fall wo dieses Kloster aufgehoben werden sollte.
Dieser bescheidene Beginn hat sicher zur Gemeinschaft mit der örtlichen
Bevölkerung beigetragen. Die Gründung wurde
fast sofort von der französischen Kommunität von Aiguebelle übernommen, aber
diese guten Beziehungen zu der örtlichen Bevölkerung gingen weiter, sodass im
Moment der Unabhängigkeit von Algerien die, wenn auch aus französischen Mönchen
bestehende Kommunität, weiterhin friedlich ihre Existenz verfolgen konnte. Die
Mönche gaben damals fast alle Ihre Ländereien her, damit dieselbe an die
Bevölkerung verteilt werde und formten später eine Genossenschaft mit einigen
Nachbarn, um das ihnen verbliebene Grundstück auszubeuten. Neben dieser
Freundschaft mit der örtlichen Bevölkerung, die auf gegenseitigen Respekt und
Solidarität in der Arbeit gegründet war, verstanden sie sich immer vor allem
als eine betende Kommunität im Herzen einer einfachen und religiösen
Bevölkerung, die die gottgeweihten Personen respektierte. Zu gleicher Zeit
entwickelten sie einen interreligiösen Dialog mit einer Gruppe von gebildeteren Mohammedanern, die an einer
gemeinsamen Überlegung und gleichzeitig an einem gemeinsamen Gebet interessiert
war. Nachdem sich die Situation in
Algerien nach den Wahlen von 1991 und dem Abbruch des Wahlprozesses
verschlechterte und sich die Morde von Religiösen vermehrten, riet man ihnen
von allen Seiten, wegzugehen. Obwohl
sich keiner von ihnen nach dem Martyrium sehnte, entschieden sie sich dafür, zu
bleiben, weil ihnen dies die einzige « verantwortliche » Haltung zu
sein schien hinsichtlich ihres Gelübdes der Stabilität und vor allem
hinsichtlich aller Bande, die sie im Laufe der Jahre mit der örtlichen
Bevölkerung sowie mit der kleinen Kirche Algeriens geknüpft hatten.
Dieses
Beispiel, das einen Grenzfall darstellt, ist für jeden von uns Trappisten eine
Einladung, gegenüber unseren menschlichen Brüdern alle unsere Verantwortungen,
die im allgemeinen weniger fordernd sind, zu übernehmen.
In unserer Zeit, wo an sovielen verschiedenen Orten
des Planeten soviele Konflikte unter den Völkern Spannungen schaffen und
soviele unverantwortliche Stimmen zum Krieg
zwischen den Zivilisationen aufrufen, ist die einzige wirklich
"verantwortliche" Haltung diejenige, Brücken zwischen den Völkern zu
bauen und den Sinn für den Dialog zu entwickeln. Nichts ist mehr dem tiefen
Sinn des Mönchtums angepasst, dessen Wesen Gemeinschaft ist - Gemeinschaft mit
Gott, mit den Menschen und mit dem ganzen Universum. Ich glaube, dass dies die
Berufung eines jeden von uns ist.
Armand
VEILLEUX